Fabian Grunder schreitet durch die Baumreihen. Die Äste sind dicht behangen mit Äpfeln, die meisten noch gelb-grün, die ersten bereits rot schimmernd. «Es wird eine gute Saison», sagt der junge Obstbauer. Bei den Kirschen sei der Ertrag sogar sehr gut gewesen, berichtet er. Bei den Zwetschgen, deren Haupternte in den nächsten Tagen beginnt, sehe es ebenfalls gut aus.
Die Familie Grunder bewirtschaftet in Lenzligen oberhalb von Zäziwil einen Obstbaubetrieb: rund drei Hektaren Äpfel und Birnen, eine halbe Hektare Kirschen und Zwetschgen, dazu noch Beeren und Haselnüsse. Seit Generationen führt die Familie den Betrieb, Fabian Grunder hat ihn vor zwei Jahren von seinen Eltern übernommen. Schon zu Vaters und Grossvaters Zeiten gab es Klimaschwankungen, zum Beispiel trockene Perioden. Doch in den vergangenen Jahren werden die Veränderungen immer offensichtlicher: Im Frühling wird es früher warm, im Sommer nehmen Trockenheit oder heftige Niederschläge zu. «Das lässt sich nicht wegdiskutieren», sagt Grunder.
2017, 2019 und 2021 hatte der Betrieb grosse Ausfälle zu verzeichnen. Im Frühjahr war es warm, die Bäume blühten schon sehr früh, doch dann kam nochmals der Frost und zerstörte die meisten Blüten. Um das in Zukunft zu vermeiden, hat Grunder einen Plan. Er will einen Teich anlegen, um die Obstbäume grossflächig bewässern zu können – sowohl im Frühjahr als Frostschutz wie auch im Sommer gegen die Trockenheit.
Bewässerung als Frostschutz? «Ja, das funktioniert», sagt Fabian Grunder. Er erklärt: Werden in den kalten Frühjahrsnächten die Bäume beregnet, bilden sich um die Blüten kleine Eiszäpfchen. Bei der Umwandlung von Wasser in Eis entsteht Wärme, und diese reicht, um die Blüten vor dem Erfrieren zu schützen. Grosse Obstproduzenten im In- und Ausland setzen diese Technik ebenfalls bereits erfolgreich ein.
«Dank unseren Quellen haben wir an sich genügend Wasser», sagt Grunder. Für die grossflächige Bewässerung als Frostschutz braucht es aber grosse Mengen innert kurzer Zeit. Konkret: rund 40 Kubikmeter Wasser pro Hektare und Stunde. «Wir brauchen also einen Speicher.» Geplant ist ein Teich mit einer Kapazität von 4000 Kubikmetern, also vier Millionen Litern. Er wird nicht aus Beton gebaut, das ist Grunder wichtig. Vielmehr wird vor Ort ein Aushub gemacht. Mit der ausgebaggerten Erde wird ein Wall aufgeschüttet, dann wird das Loch mit Folie ausgelegt. Der Teich könnte also innert kurzer Zeit wieder zurückgebaut werden, so Grunder.
Dass das Wasser aus dem Teich im Sommer auch zur Bewässerung gegen die Trockenheit dienen kann, ist ein willkommener Nebeneffekt. Ohne Bewässerung komme kaum ein Obstproduzent mehr durch den Sommer, berichtet Fabian Grunder. Auch in seinem Betrieb ist bereits heute eine Bewässerung eingerichtet: Am Boden entlang der Bäume sind schwarze Schläuche ausgelegt. Alle 50 Zentimeter hat es ein kleines Loch im Schlauch, aus dem Wasser rinnt. Das sei eine effiziente Methode, bei der kaum Wasser verloren gehe, so Grunder. Bei der grossflächigen Bewässerung verdunstet zwar mehr, dafür werden die Wurzeln der Bäume auch mit mehr Wasser versorgt.
Aber der Hauptgrund für den neuen Teich ist nicht die Trockenheit im Sommer. Der Frost im Frühjahr, der die Blüten zerstöre, sei das grössere Problem. «So verlieren wir unter Umständen eine ganze Ernte.»
«Grunder Obst» ist ein Familienbetrieb. Der Sohn führt ihn, die Eltern sind ebenfalls eingespannt, und in der Erntezeit helfen auch Leute aus der Umgebung. Die geernteten Früchte kommen nicht in die Regale der Grossverteiler; «für sie sind unsere Mengen zu klein», sagt Grunder. Stattdessen werden die Früchte regional verkauft – an Volg, Landi, Frischmarkt und weitere Abnehmer, aber auch direkt ab Hof. Um die Äpfel mehrere Monate lagern zu können, haben Grunders einen Kühlraum sowie ein sogenanntes CA-Lager gebaut. «CA» steht für «Controlled Atmosphere», will heissen: Der Sauerstoffgehalt wird abgesenkt, die Früchte fallen in eine Art Winterschlaf und bleiben auf diese Weise frisch.
Auch draussen auf dem Feld haben Grunders regelmässig investiert, zum Beispiel in Hagelschutznetze, welche die Bäume gleichzeitig vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen. Zudem werden die Obstsorten laufend optimiert. «Insbesondere bei den Kirschen gibt es mehr oder weniger frostanfällige Sorten», sagt Grunder, «darauf achten wir sehr.»
Ja, der Klimawandel beschäftige auch ihn, erzählt Fabian Grunder. «Wenn es weiterhin im Zwei-Jahres-Rhythmus derart hohe Ernteausfälle gibt wie seit 2017, dann ist die Existenz unseres Betriebes gefährdet.» Aber wenn der geplante Bewässerungsteich Tatsache werden kann, sieht Grunder die Zukunft positiv. Trotz allem.
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