(19.2.2016) Selbstverdichtender Hochleistungsbeton (SHB) reagiert auf Hitze häufig mit Abplatzungen - worunter seine Tragfähigkeit leidet. Vor diesem Hintergrund entwickeln Empa-Wissenschaftler ein Verfahren zur Herstellung von feuerbeständigem SHB, der auch im Brandfall einigermaßen lange stabil bleibt.
Test eines Betonelementes aus feuerfestem Hochleistungsbeton mit Hilfe eines Heizstrahlers. © Empa (Bild vergrößern)
Holz knistert, Beton erleidet Abplatzungen, wenn es brennt. Der Grund dafür ist so ziemlich derselbe: Feuchtigkeit im Inneren des Holzstückes oder Betonträgers verdampft aufgrund der hohen Temperatur. Je mehr Wasserdampf entsteht, desto größer wird der Druck auf die Holz- respektive Betonstruktur:
Dadurch sinkt in jedem Fall die Tragkraft der Bauelemente, das Risiko eines Gebäudeeinsturzes während des Brands steigt.
Die Widerstandsfähigkeit gegen die Hitze eines Feuers lässt sich bei herkömmlichem Rüttelbeton durch die Beimischung von einigen Kilogramm Polypropylen-Fasern (PP-Fasern) pro Kubikmeter Beton verbessern: Wenn es brennt, schmelzen diese Fasern. Ein Netzwerk von Kanälen bleibt zurück und durchzieht den Beton. Durch dieses kann der Wasserdampf entweichen, der Druck im Innern sinkt, das Betonteil bleibt intakt.
Anders verhält es sich bei selbstverdichtendem Hochleistungsbeton (SHB): Mehr als zwei Kilogramm PP-Fasern pro Kubikmeter SHB beeinträchtigen die Selbstverdichtung. Daher muss der Anteil an PP-Fasern in SHB entsprechend niedrig sein - was allerdings zur Folge hat, dass sich im Brandfall kein zusammenhängendes Kanalsystem ausbilden kann, um die Abplatzungen zu verhindern.
Wie kann es also gelingen, SHB trotz niedrigem PP-Fasern-Anteil feuerbeständig und damit Bauwerke sicherer zu machen?
Forscher der Empa-Abteilungen „Beton/Bauchemie“ und „Mechanical Systems Engineering“ haben auf diese Frage nun wohl eine Antwort gefunden. Sie stellten eine Serie dünnwandiger, mit Drähten aus kohlefaserverstärktem Kunststoff vorgespannter Betonplatten her. Jede enthielt zwei Kilogramm PP-Fasern pro Kubikmeter Beton. In einige Platten mischten die Forscher zudem eine geringe Menge superabsorbierende Polymere (SAP), also Spezialkunststoffe, die ein Vielfaches ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen können. Dann setzten die Wissenschaftler die Betonplatten Feuer mit Temperaturen von bis zu 1000°C aus. Nach 90 Minuten zeigte sich: Die mit SAP angereicherten Betonplatten hatten zwar einige Risse, zu Abplatzungen kam es aber nur bei den SAP-freien Betonplatten:
Der feuerfeste Hochleistungsbeton (oben) widerstand der Hitze, und seine Belastbarkeit blieb erhalten. Das Betonelement ohne superabsorbierende Polymere (unten) zeigte nach dem Hitzetest Abplatzungen. © Empa (Bild vergrößern)
Die Erklärung: Die superabsorbierenden Polymere saugen sich während der Betonproduktion mit Wasser voll und schwellen um ein Mehrfaches ihres Trockenvolumens an. Beim Aushärten des Betons wird den SAP das Wasser durch den Sog der kapillaren Poren im Zementstein wieder entzogen; die SAP schrumpfen, ein Hohlraum entsteht. Ein Netz von SAPs und PP- Fasern verästelt sich im Bauteil, so dass dieses der Hitze eines Feuers lange genug widersteht und das Bauwerk stabil bleibt.
Mit ihrer Entwicklung erweitern die Empa-Forscher auch die Möglichkeiten, die ökonomischen und ökologischen Vorzüge von SHB zu nutzen. Das zum Patent angemeldete Verfahren erlaubt etwa den Einsatz von SHB ohne Zusatzkosten für den Brandschutz. Bis dahin konnte dieser nur gewährleistet werden, wenn beispielsweise eine Sprinkleranlage installiert oder eine zusätzliche Brandschutzummantelung montiert wurde.
Überdies bringt der neue SHB noch einen weiteren Vorteil mit sich: Beim Verdichten von herkömmlichem Rüttelbeton erzeugt die Rüttelmaschine einen erheblichen Lärm. Bauunternehmer können die Lärmbelastung tief halten, indem sie anstelle von Rüttelbeton den nun gleichermassen feuerresistenten, mit SAP angereicherten selbstverdichtendem Hochleistungsbeton verwenden.
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